2022
Projekt von
Roxane Noëlle Unterberger
Begleitung
Muck Petzet
Die Arbeit der Verfasserin ist in Brüssel angesiedelt. In den letzten zehn Jahren hat sich Obdachlosigkeit in der belgischen Hauptstadt mehr als verdoppelt. Aufgrund einer Analyse der lokalen Situation schlägt die Verfasserin vor, einen bestehenden Bau zu einem Gemeinschaftshaus für Obdachlose umzunutzen. In die bestehende Betonraster-Baustruktur werden Studiowohnungen mit ungewöhnlichen Grundrissen eingepasst. Neuralgische soziale Schnittstellen wie eine gemeinschaftliche Halle oder Küchen werden gestalterisch sorgfältig ausgearbeitet.
Die Verfasserin nähert sich der Problematik auf mehreren Ebenen. Gestalterisch überzeugen die ergreifend schönen, vektorisierten Skizzen und die Erzählung einer persönlichen Biografie in mehreren Kapiteln, die sich wie ein roter Faden durch die verschiedenen Massstabsebenen der Pläne zieht.
Projekt von
Michael Nelson
Begleitung
Corinna Menn
Die vorliegende Arbeit verbindet gleich mehrere Themen: Bauen in den Bergen, Infrastruktur, Folgen des Klimawandels und Landschaftsarchitektur mit einem für statische Bauwerke eher ungewöhnlichen Aspekt: der kontinuierlichen Veränderung. In einem Walliser Bergtal zieht sich der Gletscher zurück und hinterlässt dabei Seen im Geröll. Letzteres droht abzurutschen, was die entworfene, grossmassstäbliche Hilfskonstruktion verhindern soll. Zwölf Z-förmige Elemente in Talrichtung sollen dabei wie eine Art Rechen das Geröll abfangen, das Wasser aber abfliessen lassen. Durch den Geröllabgang baut sich der Staudamm mit der Zeit auf beziehungsweise wird mithilfe eines in das Projekt integrierten Kransystems aufgetürmt. Die für den Bau benötigte Seilbahn soll später den Wandernden dienen.
Die Arbeit überzeugt durch den Einsatz weniger Mittel, die starke Form und die Verknüpfung von Pragmatik und Poesie – ganz in der Tradition der alpinen Architektur.
Projekt von
Adrian Kiesel
Begleitung
Ingrid Burgdorf, Andreas Sonderegger, Marc Loeliger
Beton hat bisher, von Recyclingbeton abgesehen, in Bezug auf Re-use noch kaum von sich reden gemacht. Der Verfasser widmet sich dem Thema anhand einer Halle, die demontiert und auf dem Areal eines ehemaligen Güterbahnhofs wieder aufgebaut wird, ergänzt mit neuen Elementen. Untersucht wurden die konstruktiven Möglichkeiten der Demontage, des Wiedereinbaus und des Ergänzens bis ins Detail auf Basis eines Bauteilkataloges.
Beachtenswert sind die konstruktiven Konzepte zur Queraussteifung der wiederverwendeten Primärstruktur. Zu diskutieren gab, ob nicht gerade die Fassade als nichttragende Sekundärstruktur ein höheres Potenzial für Wiederverwendung hat – und auch ob die De- und Remontage einer gesamten Halle, an einem Ort, wo früher ein Güterbahnhof stand, Sinn ergibt. Letztlich aber lobte die Jury die Relevanz und die präzise Auseinandersetzung mit dem Thema «Re-Use in grossem Massstab».
Projekt von
Florian Gugger
Begleitung
Johannes Käferstein (Projekt), Dr. Oliver Dufner (Buch)
In einem Mischquartier in Niedrigbauweise der japanischen Stadt Kyoto ist ein Projekt angesiedelt, das aus einer langen Zusammenarbeit des Verfassers mit der dortigen Architekturfakultät entstand. Die für Kyoto wichtigen Gewässerräume, spezifisch die Freiflächen, die an einen durch das Quartier führenden Kanal grenzen, sind heute komplett versiegelt und werden als Parkplatz genutzt. Um diese ursprünglichen Freiräume vom Auto zu befreien, schlägt der Verfasser ein zentrales kommunales Parkhaus vor und aktiviert die dadurch freigewordenen Flächen als begrünte Aufenthaltsräume und zur Kühlung des Stadtklimas. Das Parkhaus in Holzbauweise kann später bei Bedarf zu Wohnungen transformiert werden. Ausserdem ergänzen ein Veloparking und ein Teehaus mit weiteren gemeinschaftlichen Nutzungen das Ensemble.
Das in sich schlüssige und sorgfältig bearbeitete Projekt überzeugt durch seine intensive Auseinandersetzung mit der japanischen Kultur sowie durch die ökologisch sinnvolle Einbettung der Kanäle in die Bebauung.
Projekt von
Fabiana Frisullo
Begleitung
Elli Mosayebi
Nicht weniger als eine neue Wasserlandschaft Schweiz verspricht der Titel des Projekts. Die Verfasserin schlägt einen neuen Umgang mit der Ressource Wasser vor: Die schmelzenden Gletscher können nicht länger als Süsswasserreservoir fungieren, daher soll das Mittelland zum Schwamm werden. Am Beispiel der Lägern im Kanton Zürich, wo sich Limmat, Aare und Rhein treffen, zeigt die Verfasserin, wie das baulich aussehen könnte. Bestehende Infrastrukturbauten wie Tiefgaragen könnten temporär geflutet und zum Reservoir werden, neue Ausgleichsbecken könnten zeitweise auch als Schwimmbad dienen.
Die hydrologisch interessante Studie ist düster visualisiert; es wirkt, als müsse die Dringlichkeit des Themas gestalterisch zusätzlich betont werden – das gelingt.
Projekt von
Raphaël Bitzi
Begleitung
Götz Menzel
In der Peripherie von Neuenburg sollen bestehende Gewerbehallen umgenutzt werden. Der Standort in einem anonymen Industriegebiet neben der Autobahn ist eine Herausforderung. Der Verfasser schlägt vor, einen bestehenden Hallenkomplex um neue Elemente zu ergänzen und darin Wohnungen sowie Büros unterzubringen. Interessant ist die Idee, einen Veloweg als Langsamverkehrsachse durch die grossvolumigen Hallenbauten hindurchzuführen.
Das Projekt umfasst verschiedene Massstäbe und Aspekte: von städtebaulich, programmatisch und konstruktiv bis hin zu Detaillösungen. Die Situation ist umfassend analysiert, die Ebenen sorgfältig durchdacht und dargestellt. Die Architektursprache der Interventionen baut auf dem nüchtern-funktionalen Architekturvokabular des Bestands auf.
Der Autor überzeugt mit der Bearbeitung eines komplexen wie relevanten Themas in einem durch seine Grösse anspruchsvollen Umbauprojekt.
Projekt von
Sandro Hauser
Begleitung
Ingrid Burgdorf, Andreas Sonderegger, Astrid Staufer
Eine bestehende, nicht mehr genutzte Skiliftanlage im Misox soll demontiert werden, um weiter unten im Tal die traditionelle Kastanienwirtschaft wieder zu etablieren. Teile der Liftanlagen sollen zu einer Materialbahn umgebaut werden, andere Elemente werden Teil neuer Bauten.
Das Projekt verknüpft gesellschaftliche mit technischen Fragen ebenso wie lokale Traditionen mit Re-use. Dies einerseits auf sehr poetische Weise, aber auch mit einer beeindruckenden konstruktiven Klarheit und Tiefe.
Die Arbeit zeigt auf, was Architektur leisten kann, und besticht durch klare Lösungsansätze mittels monochromer, sehr atmosphärischer Pläne, Ansichten sowie Arbeitsmodellen — eine exzellente, in sich schlüssige Arbeit.
Bild 3
Architekt FH BSA SIA
Buchner Bründler Architekten
Architekt FH BSA SIA
Wespi de Meuron Romeo Architekten