SIA Masterpreis Architektur 2024 verliehen

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Geschrieben am

23.10.2024
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Tina Cieslik
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Head of Content espazium.ch
SIA Masterpreis Architektur 2024 verliehen
Beschreibung

Einmal jährlich küren der Architekturrat und der SIA die acht besten Masterarbeiten im Fach Architektur. Am 17. Oktober war es wieder so weit: Anlässlich der Preisverleihung an der ZHAW in Winterthur wurden die drei Preise und fünf Anerkennungen übergeben. Abräumerin des Abends war die ETH Zürich mit vier Auszeichnungen.

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Eines der Siegerprojekte heisst «Ode to Joy», Ode an die Freude. Der Name ist eine Referenz an die offizielle Hymne der Europäischen Union und kann, je nach Lesart, im Kontext des Projekts ironisch oder idealistisch verstanden werden.

Mit viel Engagement untersuchten und dokumentierten Ale­xander Throm, Maximilian Lewark und Josiane Schmidt von der ETH Zürich die aktuelle Strategie der EU im Hinblick auf die ökologische Performance ihrer Gebäude. Bis 2030 soll das Portfolio klimaneutral sein, ein Grossteil des eigenen Gebäudebestands müsste dafür energetisch ertüchtigt werden.

Da dies aber mit Kosten und Ressourcen verbunden und das Zeitfenster eng ist, entschieden sich die Verantwortlichen für eine ebenso effektive wie günstige Lösung: Sie verkaufen den Teil des Gebäudeparks, der in Sachen Energiebilanz unter den Kennwerten liegt, und übergeben damit die Verantwortung an den freien Markt. Dieser Lösung stellen die Studierenden eine konkrete Alternative entgegen, der auf einer ausführlichen Recherche zu den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Ebenen basiert. Die Jury befand: preiswürdig.

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Gestaltete Infrastrukturen

Ebenso akribisch präsentierte sich ein weiteres preisgekröntes Projekt: «rbl+1» von Timo Bauer, ebenfalls von der ETH Zürich. Hinter dem kryptischen Namen versteckt sich der Rangierbahnhof Limmattal in Schlieren, ­dessen gigantische Fläche von 170 Fussballfeldern einen Mehrwert als Energielieferant erhalten und mittels der dafür nötigen Infrastruktur die vom Gleisfeld getrennten Gemeinden im Limmattal verknüpfen soll.

Beeindruckend an der Arbeit ist vor allem die enorme Tiefe der Bearbeitung. So sind nahezu alle Aspekte – sozial, konstruktiv, ökologisch, baulich – einer Bauaufgabe angedacht, auf allen Massstabsebenen bearbeitet und mit einer noch beeindruckenderen Konsequenz grafisch aufbereitet. Obwohl das Thema eine für Architektinnen eher untypische Aufgabe ist, plädierte die Jury mit der Auszeichnung dafür, dass sich auch die Architektenschaft in die Gestaltung grosser Infrastrukturen einbringen soll – umso mehr, wenn diese aufgrund aktueller Herausforderungen wie Klimawandel und Bevölkerungswachstum zunehmen werden.

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Im Auge des Krans

Während sich die ersten beiden preisgekrönten Arbeiten mit Themen auf internationaler bis regionaler Ebene beschäftigten, entschied sich Pauline Sauter, ETH Zürich, mit «Re-Arrangements» für einen lokalen Ansatz. Sie bearbeitete das (schon oft beplante) Grundstück rund um den Busbahnhof in Zürich: Das bestehende Parkhaus soll zu einem Wohnhaus umgebaut werden – wo sich Potenzial ergibt, wird zusätzlich punktuell verdichtet. Funktional wie ästhetisch bestechend ist dabei die Idee des Krans im Zentrum des Grundstücks. Er ermöglicht es, einzelne Komponenten ökonomisch und unkompliziert zu neuen Bauten zusammenzustellen. Was einfach klingt, ist kon­struktiv bis ins Detail ausgearbeitet.

Den Verfassern und Verfasserinnen der drei preisgekrönten Entwürfe ist gemein, dass sie den Pflichtteil der Aufgabe virtuos erfüllen, aber darüber hinaus mit überdurchschnittlicher Tiefe, Engagement und Esprit überraschen und überzeugen.

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Anerkennungen an ETH, HTA Freiburg und EPFL

Trotzdem war der Jurierungsprozess kein einfacher, wie BGA-Mitglied Philippe Jorisch in seiner Laudatio bei der Preisverleihung verriet. Über eine Stunde diskutierte die Jury über die Verteilung von Preisen und Anerkennungen. So etwa beim Projekt «Radikal lokal. Campus Irchel – universitäres Wohnen am Strickhof» von Steven Malischke (ETH Zürich), das letztlich eine Anerkennung erhielt. Dessen Ansatz, die Elemente für einen Neubau ausschliesslich aus der nächsten Umgebung zu beziehen, könnte eine Antwort auf die Frage sein, wie man heute überhaupt noch neu bauen kann.

Die Summe der ausgezeichneten Arbeiten, darunter auch zwei Beiträge der EPFL, die Umbauten ehemaliger Industriebauten thematisierten, sowie eine Zukunftsvision zu Wohnnutzungen und eine poe­tische materialwissenschaftliche Studie (beide HTA Freiburg), zeigt die grosse Bandbreite des Architektenberufs. Das ist tatsächlich ein Grund zur Freude.

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SIA Masterpreis Architektur

Mit dem Preis zeichnet die Berufsgruppe Architektur BGA des SIA zusammen mit dem Architekturrat der Schweiz die besten Masterarbeiten im Bereich Architektur aus. Alle Projekte, die im Herbstsemester 2023 oder im Frühlingssemester 2024 abgeschlossen wurden, qualifizierten sich für die diesjährige Auswahl. Die Nomination der Arbeiten erfolgt durch die jeweiligen Schulen, eine unabhängige Jury prämiert acht Projekte. Dotiert ist der Preis mit gesamthaft 14 000 Franken.

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AUSZEICHNUNGEN

PREISE (je 3000 Franken)

Pauline Sauter, «Re-Arrangements», ETH Zürich, Professur Maria Conen, Max Maurer

Alexander Throm, Maximilian Lewark, Josiane Schmidt, «Ode to Joy», ETH Zürich, Professur An Fonteyne, Arno Brandlhuber

Timo Bauer, «rbl+1», ETH Zürich, Professur Alexandre Theriot, Silke Langenberg

 

ANERKENNUNG (je 1000 Franken)

Steven Malischke, «Radikal lokal. Campus Irchel – universitäres Wohnen am Strickhof», ETH Zürich, Professur Elli Mosayebi, Arno Schlüter

Meryl Barthe, Noémie Perregaux-Dielf, «DIS/ASSEMBLE: a monument to progressive deconstruction», EPFL, Professur Sarah Nichols / Amy Perkins

Léo Laurence, «Habitus – un garage haussmannien comme milieu liquide» HTA Freiburg, Professur Götz Menzel, Dafni Retzepi

Enzo Migliano, «Habiter la Grande Profondeur – reconversion de l’Entrepôt pour Tabac d’Orient, Boncourt (JU)», EPFL, Professur Marco Bakker / Alexandre Blanc

Gaëtan Dousse, «L’architecte-artisan : tactiques architecturales pour un présent épais de l’ardoise de Frutigen et de Dorénaz», HTA Freiburg, Professur Hani Buri, Daniel Zamarbide, Carine Pimenta

 

JURY

Olga Cobuscean, Hannover / Berlin
Elena Fontana, Lugano / Zürich
Andreas Haug, Zürich
Guillaume Henry, Lausanne
Anne Kaestle, Zürich
Søren Linhart, Luzern / Sarnen
Thomas Pulver, Bern / Zürich
Barbara Thüler, Zürich

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«Ode to Joy» von Alexander Throm, Maximilian Lewark und Josiane Schmidt von der ETH Zürich beleuchtete unter anderem mittels Interviews den Umgang der EU mit ihrem Gebäudebestand. Die Arbeit ist ein starkes Plädoyer, die Rolle der Architektin, des Architekten auch politisch zu verstehen und sich in diese Prozesse aktiv einzubringen.

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Preis: Timo Bauer von der ETH Zürich regt in seinem Entwurf «rbl+1»an, die 170 Fussballfelder grosse Fläche des Rangierbahnhofs Limmattal mit einer Mehrfachnutzung zur Energiegewinnung zu belegen. Nahezu alle Aspekte – sozial, konstruktiv, ökologisch, baulich – einer Bauaufgabe sind auf allen Massstabsebenen bearbeitet und mit einer noch beeindruckenderen Konsequenz grafisch aufbereitet.

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Der mit einem Preis ausgezeichnete Beitrag von Pauline Sauter, ETH Zürich, nimmt sich eines ungeliebten Grundstücks in Zürich an: Dem Gebiet rund um den Busbahnhof am Sihlquai. Das bestehende Parkhaus soll dabei zu einem Wohnhaus umgebaut werden, der Perimeter umfasst den gesamten Blockrand. Funktional wie ästhetisch bestechend ist dabei die Idee des Krans im Zentrum des Grundstücks. Er ermöglicht es, einzelne Komponenten ökonomisch und unkompliziert zu neuen Bauten zusammenzustellen.

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Steven Malischke, ETH Zürich, erhielt eine Anerkennung für sein Projekt: «Radikal lokal. Campus Irchel – universitäres Wohnen am Strickhof». Er entwarf einen Neubau, dessen Materialien ausschliesslich aus der direkten Umgebung stammen: Die Hauptkomponenten sind Lehm aus der Baugrube, Holz aus einem angrenzenden Wald, Stahl- und Glaselemente aus benachbarten Gewächshäusern, die zum Abbruch vorgesehen sind.

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Eine weitere Anerkennung ging an Meryl Barthe, Noémie Perregaux-Dielf von der EPFL für «DIS/ASSEMBLE: a monument to progressive deconstruction». Die Verfasserinnen schlagen einen Prozess zum graduellen Rückbau des stillgelegten Wärmekraftwerks Chavalon vor, dessen Bestandteile der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden sollen.

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Anerkennung: Das Projekt «Habitus – un garage haussmannien comme milieu liquide» von Léo Laurence, HTA Freiburg, ist weniger der Entwurf eines Gebäudes als ein gebautes soziologisches Experiment. Ausgehend von der These, dass sich die Formen unseres Zusammenlebens durch die Digitalisierung weitgehend entmaterialisiert haben, schlägt der Autor neuartige Formen des Zusammenlebens vor.

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Anerkennung: Enzo Migliano, «Habiter la Grande Profondeur – reconversion de l’Entrepôt pour Tabac d’Orient, Boncourt (JU)». In Boncort wurde bis 2023 die legendäre Zigarette «Parisienne» hergestellt, der Tabak dafür wurde in drei 200 x 27 m grossen, mehrstöckigen Gebäuden gelagert. Seit der Schliessung des Standorts 2023 stehen die Hallen leer. Der Verfasser der Arbeit entwickelte ein System, um die tiefen und innen durch markante Pilzstützen gegliederte Volumen von offenen Lagerräumen zu Wohnungen umzubauen.

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Anerkennung: Gaëtan Dousse, «L’architecte-artisan : tactiques architecturales pour un présent épais de l’ardoise de Frutigen et de Dorénaz», HTA Freiburg. Der Verfasser setzt sich in seiner Masterarbeit intensiv mit Schiefer aus den Kantonen Bern und Wallis auseinander. Dabei untersucht und dokumentiert er nicht nur die Eigenschaften des Materials, sondern erwägt potenzielle Einsatzmöglichkeiten im Baubereich und entwickelt schliesslich ein neues Produkt.

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